Auschwitz, das Lager, und die Hölle von Dante

Samstag, 27. Januar 2024 um 15 Uhr
Backnanger Friedhofkapelle

Der Arbeitskreis „Gedenken und Erinnern“ im Heimat- und Kunstverein Backnang erinnert an die Befreiung von Auschwitz vor 78 Jahren am 27.01.1945 mit der Themenstellung, bzw. dem Vergleich der Hölle von Auschwitz und der Hölle, wie sie Dante in seiner Göttlichen Komödie dargestellt hat.

Der Auschwitztag, den der Arbeitskreis „ Erinnern und Gedenken“ nun seit 2016 mit Unterbrechung in den Corona-Jahren 2021 und 2022 veranstaltet, dient dazu, die Zeit zwischen 1933 und 1945 nach einer Deprivation in der Nachkriegszeit wieder mit ins Leben und damit in die Gemeinschaft hineinzunehmen.

Die Ambivalenz  zwischen Auschwitz und Backnang heute ist sehr groß und nicht leicht zu ertragen, daher ist nur ein Erinnern und Gedenken mit Schmerzen oder nach Adorno mit „Asche im Haar“ möglich, als der nie zu heilende Riss in der deutschen Identität.

Mit unterschiedlichen Themenstellungen ist dieser Frage immer wieder  nachgegangen worden. Im Jahr 2019 wurde die Frage gestellt: Was von Auschwitz bleibt? Im letzten Jahr ging es um die Frage nach der Rolle der Medizin in Auschwitz im Vergleich zu Ihrer Rolle heute, wobei sich herausstellte, dass es noch viele Gemeinsamkeiten weiterhin gerade in Fragen der Biopolitik und der Vorstellung vom Gartenstaat gibt.

Das Lager in Auschwitz und Dantes Inferno verkörpern beide unterschiedlichen Formen, die man als Hölle bezeichnen kann. Dante hat seine Hölle, die von christlichen Vorstellungen geprägt und nachgebildet war, da sie göttliche Weisheit geschaffen hat, den Ausweg ins Purgatorium und Paradies ermöglicht, während die Hölle von Auschwitz, als Verkörperung staatlicher Thanato-Politik, nur den Weg ins Gas, Rauch und Asche kannte. Die Teufel in Dantes Hölle tun ihre Werke der Grausamkeit, um Sünder zu bestrafen, während die Teufel von Auschwitz, das Wach- und Führungspersonal, Exzesse der Gewalt ausübten und da das Tötungsverbot der zivilen Gesellschaft aufgehoben war, konnten sie in einem rechtsfreien Raum agieren.

In allen Auschwitztagen stellt sich am Schluss stets  die Frage: Was von Auschwitz bleibt? In diesem Falle ist es das Lager als Ausdruck der Biopolitik, das Giorgio Agamben als den Nomos des 21. Jh. bezeichnet, dieser rechtsfreie Raum, in dem nur das nackte Leben oder Überleben garantiert wird, im Grunde aber kein staatlicher Schutz oder die Gewährung der Menschenrechte garantiert ist, und der Migrant der Muselmann, wie man die Insassen von Auschwitz bezeichnete, des 21. Jh. sein könnte.

Gestaltet wird die Veranstaltung von Pia Losing, die Textstellen aus Dante rezitiert und musikalisch begleitet mit Horn, Trompete und Gesang. Unterschiedliche Textbeiträge zu Auschwitz werden Eduard Losing und Ernst Hövelborn vorgetragen. Sie sprechen von  den Teufeln von Auschwitz und ihrer Allmacht, Grausamkeit und Gewalt, sowie der Hoffnungslosigkeit, da es im Lager keinen Ausweg gibt, als die „Asche im Haar“ von der Adorno spricht und die zugleich der nie zu heilende Riss in der deutschen Identität wohl darstellt.

Ernst Hövelborn