Luise Deicher (1891-1973)

„Angst“

Rötelzeichnung (wohl 20er Jahre)

Blattgröße: ca. 37 x 30 cm

„Die Handzeichnungen der Meisterschülerinnen-Zeit bei Heinrich Altherr zeigen primär symbolistischen Gehalt. Luise Deicher arbeitet sich durch seelische Zustände und Klagethemen: „Sehnsucht“, „Entsagung“, „Abschied“, „Verzweiflung“ und „Tod“ lauten die Bildtitel. Es handelt sich um weich und tonig ausgeführte Rötel- und Kohlezeichnungen, die teilweise überdimensionierte oder überlängte Akte und Figuren in ritueller und stilisierter Gestik vor kargen Berg- und Felslandschaften zeigen, die, jeglicher naturalistischen Stimmigkeit fern, als Stimmungsträger dienen. Reine Aktzeichnungen jener Jahre werden zu symbolhaften Zeichen und Körperornamenten zusammengeschlossen.“

aus: Edith Neumann in: „Adolf Hölzels Schülerinnen – Luise Deicher zum 100. Geburtstag“; AK Waiblingen 1991, S. 48

Die Zeichnung schenkte die Künstlerin dem Heimat- und Kunstverein Backnang anlässlich der Ausstellung zu ihrem 80. Geburtstag im Helferhaus.

Luise Deicher

1891 geboren in Waiblingen.

1908 – 1909  Studium an der Stuttgarter Akademie bei Gustav Igler.

1910 – 1913  Studium bei Adolf Hölzel („Damenmalklasse“).

1913 – 1916  Meisterschülerin bei Heinrich Altherr.

1914 Silberne Medaille des württembergischen Königs.

1916 Ausstellung im Kölner Kunstverein. In den folgenden Jahren zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen mit dem Hölzel- und Altherr-Kreis.

1917 Luise Deicher bezieht ein Atelier in der Stuttgarter Stafflenbergstraße, welches ihr der „Verein Württembergischer Kunstfreunde“ zur Verfügung stellt und in dem regelmäßig Atelier-Ausstellungen stattfinden. Hier beginnt Luise Deichers produktivste Arbeitsphase. Sie selbst betreut bald eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern.

1924 Studienreise in die Schweiz. Erste Teilnahme an der „Stuttgarter Sezession“.

1925 – 1927 Studienreisen nach Frankreich, Spanien, Mallorca, Italien, Österreich und Jugoslawien.

1941 Übersiedlung nach Waiblingen.

1956 Übersiedlung nach Oberstenfeld/Bottwartal.

1961 Beteiligung an der Ausstellung „Hölzel und sein Kreis“.

1966 Ausstellung zum 75. Geburtstag in Waiblingen.

1971 Ausstellung zum 80. Geburtstag im Helferhaus in Backnang.

1973 ist Luise Deicher in Oberstenfeld gestorben.

„Die Handzeichnungen der Meisterschülerinnen-Zeit bei Heinrich Altherr zeigen primär symbolistischen Gehalt. Luise Deicher arbeitet sich durch seelische Zustände und Klagethemen: „Sehnsucht“, „Entsagung“, „Abschied“, „Verzweiflung“, Verlassen“ und „Der Tod“ lauten die Bildtitel. Es handelt sich um weich und tonig ausgeführte Rötel- und Kohlezeichnungen, die teilweise überdimensionierte oder überlängte Akte und Figuren in ritueller und stilisierter Gestik vor kargen Berg- und Felslandschaften zeigen, die, jeglicher naturalistischer Stimmigkeit fern, als Stimmungsträger dienen. Reine Aktdarstellungen jener Jahre werden zu symbolhaften Zeichen und Körperornamenten zusammengeschlossen.“1)

„Obwohl sich keinerlei Hinweise auf eine Verfehmung ihrer Werke feststellen lassen, reagiert Luise Deicher auf die politischen Repressalien und die direkt erlebte Juden-Verfolgung in ihrem Familien- und Freundeskreis während der NS-Zeit mit entschiedener Selbstzensur. Der künstlerische Bruch im Werk Luise Deichers wird vor allem beim Vergleich mit ihren Nachkriegsarbeiten, die in Waiblingen und Oberstenfeld entstehen, deutlich. Die meist als private Auftragsarbeiten entstandenen Landschaften, Ortsansichten und Stillleben erreichen nicht mehr die überzeugende Ausdruckskraft der früheren Arbeiten.“2)

1) Edith Neumann in: „Adolf Hölzels Schülerinnen – Luise Deicher zum 100. Geburtstag“

Ausstellungskatalog Waiblingen 1991 – S.48

2) dto. S.51